Der Wetterbericht war gar nicht so schlecht
für das Wochenende, aber zwischen Theorie und Praxis klaffte leider eine große
Lücke.
Angefangen hatte die Veranstaltung bereits am Samstag, wo auf dem Spotterday den rund
380 Enthusiasten die Möglichkeit geboten wurde, zumindest die Maschinen auf dem
Boden erstens ohne Zuschauermenge und zweitens bei Sonne abzulichten. Aber den Wettervorteil
wusste zu dem Zeitpunkt noch niemand zu schätzen, weil keiner mit so einem Ekelwetter
am Showtag gerechnet hatte.
Gezeigt wurde neben einigen ausländischen Teilnehmern natürlich vor allem
das alte und neue Arbeitsgerät des MFG 3, angefangen bei der Do-27 bis hin zur
Orion.
Der ganze Stolz war die gute alte Breguet Atlantic.
Die sonderbemalte Maschine war natürlich auch der Blickfang der Bodenausstellung.
Einen Tag später, also am Airday selbst, war sie im Flugprogramm und damit nicht
mehr so nah zu fotografieren. Vom blauen Himmel rede ich gar nicht…
Die Atlantic gibt es in den Versionen MPA und
SIGINT. Die MPA ist die Langstreckenpatrouillenversion und hat uns zum Ende 2006 verlassen,
zwei SIGINT bleiben uns noch ein paar Jahre erhalten.
Nebenan stand eine kanadische Aurora, die leider
wetterbedingt auf ihre Vorführung verzichten musste.
Die P-3C Orion ist der neue Seefernaufklärer. Die erste Maschine wurde auf der
ILA vom niederländischen Verteidigungsminister Kamp an den deutschen Franz Josef
Jung übergeben. Hauptaufgabe ist die weiträumige luftgestützte Überwachung
und Aufklärung über See, unter Wasser und auch über Land, außerdem
dient sie im Such- und Rettungsdienst.
Im restlichen Westteil der Ausstellung waren
weitere Gastmaschinen zu finden:
Ein weiteres Schmuckstück war der sonderbemalte
Sea Lynx aus der dritten Staffel. Den gab es leider nicht in der Luft zu sehen, der
hatte seinen Ehrenplatz auf dem simulierten Landedeck einer Fregatte.
In der Mitte des Areals waren die Hubschrauber
zu finden, angefangen mit dem EC-135, dahinter Bo-105, Bell UH-1 D und Lynx. Etwas
außerhalb die CH-53, damit man sie für das Flugprogramm leichter herausziehen
konnte. Sie hat es am Sonntag aber nur bis zum Taxiway geschafft und musste dann unverrichteterdinge
wieder umkehren.
Richtung Osten zog sich die Ausstellung noch
bis weit hinter den Tower:
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F-15
aus Lakenheath |
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Extrem
unsichtbarer Stealthfighter... |
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Norweg.
Küstenwache |
Zeppelin
Express... |
Sea
King |
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...
und schließlich Phantom |
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aus Neuburg |
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Am Samstag war noch das Training einer Sikorsky
CH-53 G aus Bentlage zu bewundern. Sie und eine Bo-105 aus Bückeburg haben ein
sehr schönes Display der Heeresflieger gezeigt; auf dem Airday selbst ist die
Vorführung leider ein Opfer des schlechten Wetters geworden.
Leider auch nur beim Training zu sehen war eine Rettungsübung mit dem Sea King,
danach eine Rettungs- und Evakuierungsaktion mit Teilnahme eines Sea King, zweier Sea
Lynx sowie einiger Fahrzeuge.
Die ersten Sea King wurden 1975 im Marinefliegergeschwader 5 in Kiel-Holtenau in Dienst
gestellt. Seitdem haben sich die Hubschrauber im täglichen Einsatz im Such- und
Rettungsdienst hervorragend bewährt. Zwei SAR-Außenstellen auf Helgoland
und Warnemünde sind ständig besetzt, eine weitere auf Borkum kann fallweise
genutzt werden.
Das Marinefliegergeschwader 5 verfügt über 21 Hubschrauber in einer Staffel.
Langfristig wird der Sea King durch den Marinehubschrauber 90 ersetzt.
Ein kurzer geschichtlicher Hintergrund zum
MFG 3:
1958 wurde eine mit Farey Gannet ausgerüstete U-Boot-Jagdstaffel gegründet.
Sie stand zunächst unter dem Kommando der Marinefliegergruppe 1, wurde dann im
MFG 2 integriert und zu guter Letzt als zweite Staffel des MFG 3 unabhängig.
Bereits 1966 wurde die Gannet ausgemustert und die ersten von insgesamt 20 Atlantic
hielten Einzug. 1967 bekam die Einheit den Traditionsnamen "Graf Zeppelin"
in Anlehnung an die Tatsache, dass im Ersten Weltkrieg 42 Luftschiffe hier stationiert
waren.
1981 wurden die ersten Sea Lynx Hubschrauber geliefert und bildeten ab da die 3. Staffel
für SAR und als Bordhubschrauber der schiffsgestützten U-Bootjagd. Später
wurden weitere in einer verbesserten Version beschafft, die restlichen älteren
wurden ebenfalls technisch aufgewertet. Die 22 Sea Lynx werden so lange fliegen, wie
auch die Fregatten der Bremen-, Sachsen- und Brandenburgklasse zur See fahren.
1994 wurden die Do-228 und zwei Do-28 vom MFG 5 in Kiel an das MFG 3 übergeben.
Später wurden die Do-28 ausgemustert, dafür gab es drei neue Do-228, so dass
nun zwei normale Transportflieger und zwei in der der Ölsuchversion fliegen.
Der aktualisierte Stand ab Mitte 2006 ist nun, dass in der ersten Staffel acht Orion
fliegen, in der zweiten vier Do-228 und zwei SIGINT-Atlantic, in der dritten Staffel
22 Sea Lynx.
Die Sea Kings bleiben vorerst Kiel, sollen aber ab 2009 durch den MH-90 abgelöst
und ebenfalls in Nordholz stationiert werden. Später werden auch
die Sea Lynx durch den MH-90 ersetzt. Die Gesamtstärke der Marineflieger beträgt
nun 3.000 Mann.
* * *
Mittlerweile sind wir auf der anderen Seite
und sehen den für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Rollout der
Orion, der von einigen Hochrangigen und ebenso wichtigen Gästen zelebriert wurde.
Auch als abzusehen war, dass der Tag wettermäßig
ein böses Ende nehmen würde, sind immer noch Busladungen von Besuchern eingetroffen.
Negativer Höhepunkt war am Nachmittag ein Blitzeinschlag in die AWACS, der allerdings
außer einer Power Box und einem Lautsprecher nichts zerstörte.
Um zehn Uhr fiel mit dem Fallschirmspringer und seinem deutschen Bämbel der Startschuss
für das Flugprogramm. Das war wettermäßig leider bereits der Anfang
vom Ende.
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Die
letzten Sonnenstrahlen... |
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vor dem finalen Wettercountdown |
Den ersten Programmpunkt auf diesem deutschen
Marinefliegerflugtag setzten bezeichnenderweise die Österreicher mit einer PC-7,
gefolgt von einer PC-6 Porter, die die Zuschauer mit ihren Langsamflug-, Start- und
Landefähigkeiten verblüfft hat.
Hauptanlass für die Veranstaltung der
Marineflieger war das Ausmustern der MPA-Version der Breguet Atlantic. Um das gebührend
zu begehen, machte sich eine Formation aus drei Atlantic und einer Orion bereit.
Die Atlantic gibt / gab es in den Versionen MPA und
SIGINT. MPA steht für Maritime Patrol Aircraft und war die Langstreckenpatrouillenversion
im Gegensatz zur SIGINT, der Signal Intelligence-Version.
Die MPA wurden bis zum Ende des Jahres 2006 durch
die Orion ersetzt, zwei SIGINT-Messflugzeuge bleiben uns vorerst erhalten, weil dafür
noch kein Nachfolger feststeht. Die SIGINT-Maschinen erkennt man am zusätzlichen
Radom unter dem Rumpf, HF-Antennen unter den Flächen und anders geformten Flügelspitzenbehältern.
Beide Arten haben wesentliche Beiträge in der
Search-and-Rescue Arbeit geleistet. Ansonsten waren die Hauptaufgaben die Aufklärung
und Seeraumüberwachung, die U-Bootjagd sowie die Zusammenarbeit mit U-Booten.
Als Messflugzeug kamen noch die Erfassung elektromagnetischer
Signale und die Erstellung einer so genannten Order of Battle hinzu.
Die Spannweite der Atlantic ist mit gut 36 Metern
identisch mit der der Orion, die Geschwindigkeit liegt mit 580 km/h aber weit darunter.
Reichweite und Flughöhe sind wieder ebenbürtig. Sie hat 12 Mann Besatzung,
allerdings ist die Bewaffnung mit 8 Torpedos oder Wasserbomben gegenüber der Orion
doch eingeschränkt.
Die Orion ist 36 Meter lang, 30,50 Meter breit und
10,30 Meter hoch, erreicht maximal 750 km/h und hat eine maximale Reichweite von 9.260
Kilometern.
Ihre vier Turboprop-Triebwerke leisten je 4.900 PS,
die Besatzung besteht aus 10 - 12 Mann.
Die maximal 10 Tonnen Bewaffnung können aus
Harpoonlenkwaffen, Maverick-Raketen und SLAM-Marschflugkörpern, Sidewinder, Torpedos,
Minen, Bomben oder nukleare Wasserbomben bestehen (letzteren gibt es allerdings nicht
bei den Deutschen). Teilweise stehen die Optionen zum Abschuss dieser Waffen erst nach
einem Update zur Verfügung, aber theoretisch ist alles möglich.
Dann folgte ein erster Überflug der Formation
inklusive der sonderbemalten Atlantic. Diesen Anblick werden wir wohl nicht noch mal
geboten bekommen.
Nach einem zweiten Überflug hat sich die
Formation aufgelöst und im Anschluss nach der Landung der Kameraden hat eine MPA
noch eine Solovorführung geflogen. Bezeichnenderweise ist die Maschine bei diesem
Display etwas zu hart rangenommen worden und hat von außen nicht sichtbare Schäden
an der Zelle genommen. Im Hinblick auf die geplante Außerdienststellung war das
Problem allerdings zu verkraften.
Die Pods an den Tragflächen und auf dem Seitenleitwerk
sind passive Antennen des ESM-Systems. Die Radarantennne befindet sich im Radom vorne
im unteren Rumpfteil. Dieser kann bei Start und Landung sowie im Reiseflug eingefahren
werden. Die wabenartigen Werfer hinter dem Waffenschacht sind für Sonarbojen.
In der hinteren Rumpfverlängerung befindet sich
ein Detektor für magnetische Anomalien, das heißt auch mit seiner Hilfe
können U-Boote aufgespürt werden.
Der Auftrag der zunächst verbleibenden drei
SIGINT-Atlantics ist die Erfassung und Auswertung der Strahlung elektronischer Sensoren
und drahtloser Fernmeldeverbindungen. Es wird noch bis 2010 im Einsatz sein, allerdings
ab Januar 2007 nur noch mit zwei Maschinen.
Ein kleines Anekdötchen kann man noch
zur weiteren Verwendung der Atlantic erzählen: das österreichische Luftfahrtmuseum
hat ebenfalls nach einem Exemplar gefragt und bekam zur Antwort, dass das gegen eine
Zahlung von 50.000 Euro kein Problem sei. Die setzen sich zusammen aus 20.000 Euro
Demilitarisierung und 30.000 Euro Überstellung und Flugzeugpreis. Da soll mir
einer bitte die Logik verraten, warum man einem Interessenten etwas in Rechnung stellen
will, was man zum großen Teil sowieso selbst hätte zahlen müssen und
wieso man den Polen funktions- und kampffähige MiG-29 für einen Euro schenkt,
aber für einen Schrottflieger so eine Menge Kohle haben will. Wie auch immer;
die Österreicher haben sich jedenfalls stattdessen lieber für den Bau einer
zweiten Halle entschieden.
Die P-3 ist nicht gerade eine Neuentwicklung, genau gesagt geht ihre Geschichte zurück
bis 1957. Sie ist aber genau wie die Hercules ständig weiterentwickelt worden
und bietet durch zahlreiche Updates den neuesten Stand. Man war auf der Suche nach
einem Atlantic-Nachfolger zunächst etwas ratlos und schwankte zwischen Atlantic
2, dem Airbus A-320 und der Boeing 737, bevor das unerwartete Angebot der Niederländer
ins Haus flatterte. Die Deutschen haben 8 Stück gekauft plus Simulator und einem
großen Paket logistischer Anteile, der Rest ist nach Portugal gegangen.
Die niederländischen P-3 wurden 1982 - ´84 ausgeliefert und 1998 - 2000
modifiziert. Das CUP, das Capability Upkeep Program sollte die Maschinen zukunftsfähig
machen.
Dass sich die Niederländer unerwartet von ihrer Fernaufklärerkomponente getrennt
hat, war natürlich finanziell gesehen ein Glücksfall für die Marine,
konnte man doch auf diese Weise für einen Bruchteil des normalerweise fälligen
Betrages acht hochmodern ausgerüstete Flugzeuge beschaffen.
Im Anschluss haben drei verschiedene Versionen
des Sea Lynx das Publikum unterhalten.
Der Bordhubschrauber Sea Lynx Mk 88 A ist einer der Hauptsensoren einiger Fregatten,
auf denen jeweils 2 Hubschrauber und 18 Mann fliegendes und technisches Personal den
sogenannten "Hauptabschnitt 500" bilden.
Ausrüstung und Bewaffnung des Hubschraubers sind auf U-Bootjagd ausgelegt. Zu
den Nebenaufgaben zählen der Transport und der SAR-Dienst innerhalb eines Schiffverbandes.
Als U-Bootjäger dient er als verlängerter Arm des Schiffes, dessen Fähigkeiten
er wesentlich um seine eigene Reichweite und Geschwindigkeit erhöht. Er ist ausgerüstet
mit einem tiefenvariablen Sonar für aktive und passive Ortung, sowie mit zwei
Torpedos zur schwerpunktmäßigen Bekämpfung gegnerischer U-Boote.
Den letzten Teil des Flugprogramms hat die dritte Staffel gestellt mit einer weiteren
Vorführung eines Lynx, aber die hat schon kaum noch jemand mitgekriegt, weil alles
panikartig vor dem nächsten Schauer in die Hallen flüchten musste. Der "Schauer"
hat sich dann für die nächsten vier Stunden am Platz festgefressen.
Das weitere Flugprogramm des Vormittagblocks
musste abgesagt werden. Wie sich herausstellen sollte, hat sich das Wetter auch nach
der Mittagspause nicht verbessert, und so war dies bereits das Ende des Airday 2006
in Nordholz. Um 15 Uhr wurde das endgültige Aus bekannt gegeben.
Geplant waren noch einige Runden einer kanadischen Aurora (baugleich mit der Orion)
sowie eine Vorführung einer deutschen Orion und ein Überflug von vier Tornados
aus Jagel.
Die Veranstalter hatten sich ihren Flugtag mit Sicherheit auch anders vorgestellt,
aber was sollten sie machen? Sie hatten sich über viele Monate durch etliche Bestimmungen
und Fußangeln gekämpft, haben Einladungen verschickt, Genehmigungen erwirkt
und eigentlich einen attraktiven Tag organisiert, aber mit so einem wettertechnischen
Reinfall hatten selbst die schlimmsten Pessimisten nicht gerechnet. Es sind daher auch
nur rund 25.000 Besucher erschienen. (Zum Vergleich: im Jahr 2000 waren es noch 70.000).
Das ist umso trauriger, weil nicht nur die überall gefeierte Luftwaffe, sondern
auch die Bundesmarine im Jahr 2006 ihren 50. Geburtstag gefeiert hat. Da hatte die
Luftwaffe mit ihrer Feier in Laage natürlich den Jackpot, vor allem wettermäßig.
So bleibt mir abschließend nur die Hoffnung, dass es bald einen neuen Airday
gibt und dieser unter einem besseren Stern steht. Die Marineflieger waren bisher immer
für gute Veranstaltungen bekannt; ich hoffe, dass sich das nach dem Wegfall des
MFG nicht geändert hat…
Eine DVD dieser Veranstaltung zusammen mit dem Spotterday des JG71 in Wittmund (um
auch die Jetfans zu beglücken) gibt es bei
www.vph-airshowvideos.de.
Ihr und euer
Kai Haarmann
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