Es gibt Flugzeuge, die sind nicht einfach nur gut, die haben was. Die Mirage III ist so eins, die Maschine hat Charisma.

Nachdem sich vor einigen Jahren Belgien von ihr verabschiedet hat, nachdem 1999 in der Schweiz die Mirage III S (Jagdversion) ihren Last Flight hatte, hat am 17.12.2003 das letzte Stündlein der Aufklärerversion, der III RS geschlagen. Grund genug, sich ein bisschen ausführlicher dieser eleganten Maschine zu widmen.

Letztes Static vor großem Publikum...

...beim RIAT 2003 in Fairford

Die Homebase der Amir, wie sie im Fliegerjargon genannt wurde, war Dübendorf in der Nähe von Zürich. Dort sind auch größtenteils die Aufnahmen rund um diesen Report entstanden. Ich bedanke mich an dieser Stelle sehr herzlich bei den Schweizer Fliegertruppen, speziell bei Urs Brugisser, für die Hilfe in Form von Informationsmaterial, Fotoerlaubnis und Betreuung. Überhaupt sind die Schweizer Militärs sehr offen und hilfsbereit, wie ich immer wieder festgestellt habe.

Blick in die Instandsetzungshallen

Triebwerkswartung

Fliegerstübli, Eingang zur Mirage Bar

Staffelfahrzeug "Max"

Die RS ist die Aufklärerversion der Mirage und entsprechend ausgerüstet. Eingebaut sind drei Kameras, die sowohl nach vorne als auch zur Seite fotografieren können .

Die "Black and White" werden...

... mit Kameras bestückt

Vorne werden je nach Mission Objektive zwischen 44 und 600 mm Brennweite verwendet. Nach Einbau des Filmbehälters wird ein Probeschuß gemacht, um die Funktionsfähigkeit zu testen, dann wird die Wartungsklappe geschlossen, die Maschinen werden von allen Sicherungen befreit und flugbereit gemacht.
In einem umgebauten Doppelsitzer wurde sogar eine Kamera eingebaut, die nach hinten fotografieren konnte. Der Mann auf dem Backseat konnte auf einem Monitor den Bildausschnitt checken und über Fiberglaskabel auslösen. Eine teure, aber sehr effiziente Variante, die der Air Force sagenhafte Air to Air Aufnahmen für Dokumentationen beschert hat.

An der Flightline

Die III RS und die bereits 1999 ausgemusterte Jägerversion III S sind Varianten der Mirage III E; abgesehen von einer verstärkten Struktur weisen sie abklappbare Nasen und ein modifiziertes Fahrwerk auf, um sie kavernentauglich zu machen. Ein bis 1994 dauerndes Kampfwertsteigerungsprogramm, das ISMA ("Improved Swiss Mirage Aircraft") hat zum Beispiel die Canardflügel beschert, die III S bekam Droptanks aus israelischen Beständen, die III RS wurde mit Infrarot-Aufklärungsbehältern ausgerüstet. Außerdem gab es ein Raketenwarnsystem, Chaff- und Flaresysteme und neue Schleudersitze, verbesserte Avionik und Geräte für elektronische Kriegsführung. Eigentlich sollten die Mirage so bis 2010 einsatzfähig bleiben.

Mirage III S 1994 in Buochs

Eine Eigenheit ist das Anlassen der Triebwerke. Aufgrund der Parkweise der Maschinen kommt meist der Wind von hinten. Das bedeutet, dass er in die Triebwerksöffnungen bläst. Die SNECMA Atar Triebwerke, die mit Nachbrenner 59 kn Schub liefern, lassen sich schlicht nicht zünden, wenn's ihnen in den Allerwertesten bläst. Und wo andere für teures Geld die Technik aufrüsten, greifen die einfallsreichen Schweizer zu pfiffigeren Methoden und produzieren mit Riesenblechen Windstille im Heck.

30mm Kanone

Arbeitsplatz, alles analog

Historischer Hintergrund der Mirage:
die erste Mirage I machte Mitte 1955 ihren Erstflug, allerdings hat sie sich aufgrund ihrer zu geringen Größe als nicht tauglich erwiesen, genügend Waffen zu tragen. Die Mirage II hatte das gleiche Makel; beide Projekte wurden nicht realisiert zugunsten der Mirage III. Aus der III wurden später die Mirage 5 und 50 entwickelt. Die Israelis änderten die Maschine zur Nesher, Kfir und schließlich zur Nammer ab. Südafrika hat ebenfalls eigenständig Kampfwertsteigerungen durchgeführt und nannte das Ergebnis Cheetah. Interessant ist die Tatsache, dass die israelischen Modernisierungen angeblich nur durch Diebstahl von schweizer Bauplänen durch den israelischen Geheimdienst möglich war. Als Krönung wurde das Know-How in den Achtzigern von den Israelis abgekauft.

JATO-Start Mirage III RS

1990 wurde schließlich bei Dassault die Produktion der III, 5 und 50 nach 1422 produzierten Einheiten eingestellt. Sie flogen bzw. fliegen in 21 Luftwaffen, wobei sie in der Schweiz und Australien in Lizenz gebaut wurden.

In der Schweiz begann die Geschichte der Mirage 1961 mit der Forderung des Bundesrates nach einem Kredit für 100 Jagdflugzeuge III S. Nach einer Bewilligung explodierten die Kosten, der Kredit sollte auf knapp 1,5 Mrd. Franken aufgestockt werden. Das führte zum sogenannten Mirageskandal und zur Reduzierung des Auftrags auf 57 Maschinen. 1964 begann die Auslieferung der in Lizenz gebauten Maschinen, 1965 wurde die erste von insgesamt 18 RS-Modellen an die Luftwaffe übergeben. Die Einsatzbereitschaft in der Jägerversion wurde aber erst 1968 erreicht, als die 16. und 17. Staffel in Buochs ihre 24 III S in Empfang nehmen konnten; gleichzeitig wurden sie dem Überwachungsgeschwader unterstellt. Zusätzlich zu den einsitzigen Jägern und Aufklärern haben die Schweizer noch zwei doppelsitzige BS Versionen gekauft; die wurden 1983 durch zwei doppelsitzige DS Modelle ergänzt.

Unbekannt dürften auch die Pläne sein, die zu Beginn der Sechziger Jahre gewälzt wurden. Es sollte eine Schweizer Atomwaffenschmiede auf die Beine gestellt werden, die III S sollten dabei nicht nur Jäger, sondern auch Jagdbomber sein, die außerhalb des Landes feindliche Stellungen mit Atomwaffen angreifen sollten. Das ist allerdings niemals realisiert worden.


Es folgen einige Aufnahmen ohne weitere Beschreibung. Die letzten Tage Flugbetrieb mit der RS:

F5 Tiger "von gegenüber"

Die Zukunft? Wird Dübendorf Helibasis?

Relikt aus Hunterzeiten: Gateguard

Nach ihrem Einsatz werden die Maschinen betankt und gewartet. Werfen Sie noch einen letzten Blick auf die Flugzeuge, die nach knapp 40 Jahren Dienst in der Schweizer Luftwaffe ersatzlos gestrichen wurden. Wieder ist ein Stück Luftfahrtgeschichte beendet von einer Maschine, die zum erfolgreichsten Jägerprogramm Westeuropas seit dem zweiten Weltkrieg gehört. Ein schönes und elegantes Flugzeug, wonach wir uns in den nächsten Jahren zwischen all den Jägern der vierten Generation zurücksehnen werden. Vielleicht nicht unbedingt die Piloten und Strategen, aber zumindest wir Airshowfans, die wir sowieso nicht unbedingt Wert auf echte Kriegstauglichkeit legen, sondern einfach der Faszination Militärflugzeug erlegen sind.

Axalp-Mission beendet

Urs Bruggisser

Mirage, it was amazing with you; farewell!


Bis zum nächsten Mal,
Ihr und Euer Kai Haarmann


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