Mekka der Airshowfans - welche Veranstaltung könnte das sonst noch von sich behaupten? Naja, es gibt noch Oshkosh, aber wenn man seine Leidenschaft auf Militärflugzeuge beschränkt, gibt es zur Air Tattoo keine Alternative.

Home again, werden viele gesagt haben. Es war die erste Air Tattoo in Fairford seit 1999, in den letzten beiden Jahren wurde sie bekanntlich nach Cottesmore ausgelagert. Die Basis Fairford ist für bescheidene 100 Millionen $ aufgewertet worden, wobei 96 Millionen von der NATO, die restlichen vier von der US Air Force bezahlt wurden. Es war das größte Einzelinfrastrukturpaket seit Ende des Kalten Krieges. Nach Wiederinbetriebnahme kann nun jedes beliebige Flugzeug der NATO von der Basis aus operieren.

Ich habe über die letztjährige Air Tattoo zu Anfang gesagt, dass sie wieder Maßstäbe gesetzt hatte. Obwohl die Show 2002 wesentlich abgespeckter war, ist sie trotzdem das Maß aller Dinge geblieben, weil schlicht die anderen Shows größtenteils auch keine nennenswerten Highlights zu bieten hatten. Lediglich das Meeting in Colmar war herausragend, konnte aber trotzdem mit Fairford nicht ganz mithalten.

Seltener Gast im Static: Super Frelon

Galaxy

Fokker F-27

200.000 Zuschauer, also in etwa soviel im Vorjahr, haben sich in die An- und Abfahrtstaus gedrängt. Erstmals wurde die Basis nicht zum Parken freigegeben und die Autos auf umliegende Felder verteilt, aber das hat nicht davor geschützt, daß sich die letzten erst kurz vor 23:00 Uhr aus dem Stau gelöst hatten.

Die gravierendsten Neuerungen in diesem Jahr waren zum einen natürlich die eminent gesteigerten Sicherheitsauflagen. Die Folgen des 11. September 2001 haben auch vor den Airshows nicht halt gemacht, und so mussten sich die Zuschauer auf Wartezeiten von bis zu zwei Stunden gefasst machen, bevor sie die Schleuse passieren und den Platz betreten konnten.

An der Aufteilung der Basis hat sich einiges getan. Die knapp drei Jahre wurden genutzt für die Verlängerung und eine Frischzellenkur der Runway, für den Bau neuer Gebäude bzw. Hangars und für Umstrukturierung der Örtlichkeiten, all das unter der Prämisse, die Basis tauglich zu machen für Einsatz und Stationierung der B-2 Stealthbomber.

Auf der Basis angekommen sah man als Blickfang gleich vier P-3 Orion standen. Auch hier galt, dass sie für das Flugprogramm angekündigt wurden und dann doch am Boden blieben.

Aufgefallen ist einerseits, dass erstmals die Displayteams auf der Ostseite diesseits der Zuschauer geparkt wurden. Nach einem kleinen Fußmarsch hatte man so durchaus die Gelegenheit, den Teams bei den Vorbereitungen über die Schulter zu sehen. Die Ausstellungsfläche insgesamt hatte sich stark vergrößert, gleichzeitig haben an der Air Tattoo aber weit weniger als die vollmundig angekündigten über 400 Maschinen teilgenommen, es waren derer unter 300 (was immer noch sehr viel ist).
In Folge dessen war natürlich auch weniger Static Display abzuwandern, und so sah man sich bei Erreichen der schweren Transporter C-5 Galaxy und C-141 Starlifter am Westende, also wo einst erst die Tanker und Bomber anfingen, unversehens bereits am Rande gähnender Betonwüste angelangt.
Ansonsten waren aber wohltuend wenig Maschinen gleichen Typs versammelt, gleichzeitig ging die Ausstellung mehr in die Tiefe als in die Länge.

Keine Concorde mehr, "nur" noch B-777

Teams jetzt auf der Publikumsseite

MH-53 der Special Forces

Wie in jedem Jahr waren auch 2002 wieder Lücken geblieben, wo sich laut Ankündigung eigentlich Raritäten wie Backfire oder andere Gesandtschaften des Ostens präsentieren sollten. Dafür hatte man aber z. B. eine Sammlung alter Jets wie eine Gnat, eine Hunter, mehrere Jet Provost, eine Gloster Meteor, eine F-86 und sogar eine sonderbemalte Sea Vixen zu bieten. Die waren mehr wert als das x-te Line Up von F-16 und Tornados aus aller Herren Länder. Warum werden nicht ein paar Überflüge dieser Schätze im Flugprogramm eingebaut?

Aber das Standardprogramm hat wieder überwogen. Das soll nicht unbedingt geringschätzig gemeint sein, woanders leckt man sich die Finger nach diesem Standard. Aber da nimmt man auch nicht über 50,- € Eintritt pro Tag und rühmt sich, die größte milit. Flugshow der Welt zu sein. Um die Zuschauer zu motivieren, diese horrenden Ausgaben jährlich zu tätigen, sollten Sachen geboten werden, die diese hohen Kosten rechtfertigen. Enthusiasten kommen nicht nur, um sich immer dieselben Teilnehmer anzusehen, es fehlte einfach das Salz in der Suppe. Feinheiten wie die Los Halcones oder die Formation aus F-15 mit Thunderbolt und Mustang waren toll, aber zu wenig für eine Show dieses Formats. Wo waren die groß angekündigten Überflüge East meets West und vieles mehr?
Natürlich können sich die Organisatoren nicht gegen Absagen feien, aber das Improvisationstalent ließ schwer zu wünschen übrig. Und bis zum Schluß wurde im Internet Werbung für Highlights gemacht; auch noch, als bereits feststand, dass diese nicht erscheinen würden. Noch nicht einmal der traditionelle Überflug der Arrows mit einem Jäger oder Bomber wurde geboten.

Dazu kam das Problem, dass Eurofighter, Gripen, Super Hornet und viele weitere Reißer lieber 100 km östlich auf ihren Auftritt in Farnborough gewartet haben statt sich in Fairford zu verausgaben. Auch Sonderbemalungen waren dünn gesät, Perlen wie die schöne AMX waren leider die Ausnahme. Obwohl vom Lions Meet in Belgien aus dem Vollen hätte geschöpft werden können, hat lediglich eine deutsche BO-105 guten Willen gezeigt.

B-17 der BBMF

BO-105 vom Lions Meet

Rarität: Sea Vixen beim Anflug am Freitag

Wer sich im Vorfeld intensiv mit dem Programm beschäftigt hat und auch zwischen den Zeilen gelesen hat, ist doch mit arg heruntergeschraubten Erwartungen nach England gefahren. Und so wurde man doch recht positiv überrascht, als die Show unerwartet attraktiv und kraftvoll losging. Was andernorts als Highlight erst zum Ende kommt, wurde als Opener eingesetzt. Bereits gegen 9:30 Uhr startete das erste Displayteam, die spanische Adlerpatrouille. Die Casa C-101 mit dem rassigen Fluggeräusch eines Airbus wurde in Zusammenarbeit mit MBB und Northrop entwickelt. Die Einsatzmöglichkeiten reichen vom Trainer über Erdkampfunterstützung (eine Tonne Waffenlasten) bis hin zur elektronischen Kriegsführung. Die Reichweite beträgt 4.000 km, die 1.590 kp Triebwerksleistung reichen für 750 km/h.

Patrulla Aguila

Die Patrulla Aguila sind in der Region Murcia in San Javier stationiert. Die Piloten fungieren neben ihrer Aufgabe als Teammitglied weiterhin als Fluglehrer an der Air Force Academy. Die Aguilas bestehen aus 7 Haupt- und 5 Reservepiloten. Als Erstauswahl fliegen der Leader Major Fernandez, Right Wingman Major Solbes, Left Wingman Major Llebrez, Slot Major Victor, Solo Captain Serrano und das Duo Captain Alfaro und Major Cruz. Alle haben ca. 3.000 Flugstunden auf ihrem Konto. Sie bleiben für drei Jahre im Team.

Casa C-101

Wie sich ein Jet auch anhören kann, zeigte kurz darauf die F-16 MLU der Royal Netherlands Air Force. Die wunderschöne Maschine kam von der 312. Squadron aus Volkel, der Pilot Kapitein Rick van der Velden hat sich seine Sporen als 1a Displaypilot redlich verdient und ist am Ende der Air Tattoo mit der Sir Douglas Bader Trophy für das beste Einzeldisplay ausgezeichnet worden.

Rick van der Velden

Nicht unbedingt leiser war die Vorführung des ECR-Tornado vom Jagdbombergeschwader 32 aus Lechfeld. 1991 begann die Umrüstung des Verbandes von der IDS- auf das Waffensystem ECR zur elektronischen Kriegsführung. Es ist äußerlich kaum vom "normalen" Tornado zu unterscheiden. Bei der Aufklärung und Bekämpfung gegnerischer Radarstellungen gehört die ECR zur Weltspitze, sie wird voraussichtlich mindestens bis 2015 im Einsatz bleiben.

Wegen eines kleinen Betriebsunfalls, auf den ich später noch zu sprechen komme, konnten die Patrouille Suisse Samstag leider nicht fliegen, dafür kamen sie am Sonntag gleich als erste. Sie fliegen seit 1995 die Northrop F-5 E Tiger II mit einer Bemalung, dessen Entwurf aus einem Wettbewerb bereits 1994 hervorging. Die Lackierung dient aber nicht nur für Showflüge, sondern im normalen Flugbetrieb werden diese Maschinen im Luftkampftraining als Aggressor eingesetzt.
Die Bewaffnung besteht aus zwei 20mm Kanonen, zwei AIM-9P Luft-Luftraketen mit Infrarotsuchkopf bzw. gut drei Tonnen diverser Außenlasten. Ihre beiden General Electric-Triebwerke schieben sie auf maximal Mach 1,6, die Dienstgipfelhöhe ist bei 15 ½ Kilometern erreicht, die Zelle hält +7,3 bis -3,0 g aus.

Patrouille Suisse

ECR-Tornado

aus Lechfeld

Das dritte Team waren die Voltige Victor mit ihren Mirage F-1. Ihre Einheit ist die Escadron de Chasse 33.033 aus Reims. Die Piloten Lieutenant Francois Breton und Lieutenant Guillaume Coeffin wurden für ihre Show mit dem King Hussein Memorial Sword für das Best Overall Display belohnt.

Wenngleich sicher die außergewöhnlichen Raritäten gefehlt haben, konnte man sich über einen Mangel an Teams nicht beklagen. Die Royal Jordanian Falcons sind 1976 durch König Hussein ins Leben gerufen worden; er wollte der Welt zeigen, zu was die Jordanier fähig sind, und noch heute verstehen sie sich als Botschafter ihres Landes. Die Liebe des verstorbenen Königs zur Fliegerei hat sich auf seinen Sohn Prinz Feisal übertragen, und dieser kümmert sich beinahe rührend um das Team.
Sie sind auf der Südseite des Amman-Marka International Airport stationiert. Nach Beginn auf zunächst zwei, später drei Pitts Special wechselten sie 1982 auf vier Extra 300 plus eine Reservemaschine. Die Fluggesellschaft Royal Jordanian sponsert die Maschinen und das Team. Die hochqualifizierten Piloten stammen alle aus der jordanischen Luftwaffe und tun für zwei bis drei Jahre bei den Falcons Dienst.
Die Extra 300 mit 850 Kilo Gewicht und 300 PS Leistung ist für Aerobatik pur entwickelt worden und ist für 10 G ausgelegt, ein Grenzwert, an den zumindest der Solist fast herankommt. Die Falcons sind das einzige Team, das den Außenlooping in Formation bei -4 G ausführt.
Während der Airshowsaison sind sie bei rund 15 Airshows zu Gast, allerdings mit zunehmender Tendenz. Ihr Supporter ist eine C-130 Hercules, worin die Maschinen, das Team und Material transportiert werden.

Voltige Victor

Mirage F-1 ...

... aus Reims

Royal Jordanian

Falcons

Die Alenia G-222 TCM aus Pratica di Mare durfte nur ein abgespecktes Programm vorführen. Weder ihre berühmten Fassrollen noch die Turns mit einem abgestellten Motor durfte sie zeigen. Die Einlage, die sie trotzdem gebracht haben, zählt sicher nicht zu den Ruhmesblättern der Reparto Sperimentale Volo. Die Alenia kam herein zu der sogenannten Sarajewo-Landung, also steiler Anflug, kurze Landestrecke. Das Abfangen klappte gut, allerdings war beim Touchdown die Geschwindigkeit zu hoch, so daß sie erneut hochhüpfte. Der Pilot hat sie wieder auf die Piste gedrückt, kam dabei allerdings nur mit dem Vorderrad auf und bremste gleichzeitig. Der Belastung war das Bugrad beim besten Willen nicht gewachsen und knickte ein. Das Ende war ein bisschen Qualm und Feuer, es brannte aber lediglich die ausgetretene Hydraulikflüssigkeit. Die Besatzung kam durch den Notausstieg an der Heckrampe, verletzt war niemand, aber damit war die Runway für die nächsten drei Stunden blockiert.

Alenia G-222 ...

... aus Pratica di Mare;

... noch ist alles im Zeitplan...

Dumm gelaufen!

Die Crew geht flitzen und ...

... drei Std. später schleicht die G222 hinfort

Und das muß man ihnen lassen, es gibt sicher wenige Organisatorenteams, die derart professionell reagiert hätten wie die Fairforder. Es wurden auf die Schnelle all die Teilnehmer vorgezogen, die von auswärts kamen bzw. nur eine kurze Rollbahn benötigten. Das Rezept bewährte sich, nach dreieinhalb Stunden und unzähligen Reinigungsläufen der Runway wurde die Alenia mit Hilfe eines Kranwagens langsam weggeschleppt. Trotzdem mussten die Zuschauer damit leben, dass am ersten Tag die einige Teilnehmer am Boden blieben. Daß die Show überhaupt weitergehen konnte, verdankte man großenteils der verlängerten Startbahn, die genügend Reserven offen ließ.

Nach nur kurzer Pause erfolgten zunächst zwei Überflüge einer britischen Hercules, dann näherten sich gleich vier Boeing Stearman der Utterly Butterly Barnstormers. Ihre Organisation heißt AeroSuperBatics, Ltd. Stationiert sie sie in Rendcomb. Der Gründer und Team Leader ist Vic Norman, der Flight Leader Mike Dentith, der jüngste Pilot Marty Carrington und mit 20 Jahren Erfahrung Operations Director Helen Tempest. Auf den Flächen stehen die Zwillinge Lorna und Rachel Cookson sowie Marie Duguid und Sophie Sharp.
Sie alle verbindet nach eigenen Angaben der Enthusiasmus für das pure, offene Fliegen und der Kick des Adrenalinrausches…

Zuschauergirl beim Powerwalking

Utterly-Butterly Barnstormers mit ihren ...

... Girls on the wing

Ebenfalls vorgezogen wurden die Blue Eagles vom Army Air Corps aus Middle Wallop. Sie sind ohne die Lynx, lediglich mit ihren vier Gazelles geflogen. Die Piloten sind Major Ray Turner, Sergeant Julie Wiles, Sergeant Keith Armatage und Sergeant Lea Squire, Teammanager sind Major Colin Dunscombe und Captain Jennie Shaw.
Um das Programm etwas zu strecken, sind sie binnen zwei Stunden gleich zweimal geflogen.

Einer der Schwerpunkte der Air Tattoo war das Golden Jubilee von Queen Elisabeth, Teilnehmer dieses Blocks sollten die Canberra, Hunter, Jaguar, Tornado und zwei Sea Harrier sein. Die Canberra musste sich wegen technischer Schwierigkeiten leider ausklinken, na ja, und die anderen Maschinen außer vielleicht der Hunter hätten auch bei jedem beliebigen anderen Block fliegen können, aber das Kind musste ja einen Namen haben. Jede der Maschinen sollte eine Dekade der Queen repräsentieren.

Die Fünfziger (Canberra) sind wie gesagt ausgefallen, für die Sechziger kam die Hunter von der Kennet Aviation aus Cranfield. Die elegante Hunter ist eine der weltweit erfolgreichsten Maschinen, wurde in dutzende Länder exportiert und wurde auch von mehreren Kunstflugteams eingesetzt. Displaypilot war der ehemalige Fighterpilot Rod Dean.

"Blue Eagles" vom ...

... Army Air Corps

Hunter

Den nächsten Teil des Golden Jubilee brachte Flight Lieutenant Simon Stevens mit seinem Navigator Dave Chadderton, die Displaypiloten 2002 von der 56. Squadron aus Coningsby. Sie präsentierten die Tornado F3, die 1987 als Langstreckenabfangjäger und Patrouillenmaschine für die Nordsee eingeführt wurde. Die F-3 ist eine Entwicklung aus der IDS, der Unterschied besteht aus der längeren Nase, die ein Foxhunter Radar verbirgt. Der Rumpf ist verlängert und trägt im Einsatz vier Skyflash Raketen. Nach dem Upgrade, was derzeit läuft, werden die neuen ASRAAM und AIM-120 AMRAAM Raketen benutzt, zusätzlich hat sie eine 27mm Mauser Kanone.

Der Sea Harrier an sich ist eher betagt, die FA2 ist allerdings die neueste Version als Tag- und Nacht Allwetterjäger, daher steht die Maschine für die 90er des Golden Jubilee. Die 899. Squadron von der Royal Navy Air Station in Yeovilton haben ein Displayteam zusammengestellt, was auf der Air Tattoo Premiere gefeiert hat. Die Piloten Lieutenant Commander Rob Schwab und Lieutenant Will Hynett konnten für ihr Display prompt einen Doppelgewinn verbuchen: das Steedman Display Sword als beste UK-Teilnehmer und die "As the crow flies trophy", die von den Friends of IAT vergeben wird. Die beiden sind eine echte Bereicherung für den Airshowhimmel.

Tornado F-3

50% des Sea Harrier Teams

Fortsetzung:

Hier geht es zum zweiten Teil des Reports von Fairford 2002 mit weiteren Fotos!


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